Verhaltenstherapie

  1. Was ist Verhaltenstherapie?
  2. Übersicht über Störungen und deren Therapie
  3. Verschiedene Verfahrensweisen
  4. Übersicht über Verfahrensweisen

1. Was ist Verhaltenstherapie?

Verhaltenstherapie ist eine anerkannte Methode der Psychotherapie in der Krankenversorgung. Sie legt mehr Gewicht auf die Veränderung der Gegenwart als auf die Aufarbeitung der Vergangenheit. In der Verhaltenstherapie führen Therapeut und Betroffener zusammen eine genaue Analyse der Probleme durch, die als Lerngeschichte aus der Vergangenheit gesehen werden kann. Problematisch ist ein Verhalten dann, wenn es aktuellen Erfordernissen nicht mehr gerecht wird. In anderen Fällen konnte in der Vergangenheit angemessenes Verhalten mangels Fähigkeiten oder geeigneter Handlungsmodelle nie oder nur unzureichend erlernt werden. (Fehl)-Verhaltensweisen und verzerrte Denkmuster werden in der Therapie systematisch identifiziert und durch günstigere ersetzt.

Die Verhaltenstherapie verfügt zur Erreichung von Veränderungen und anvisierten Lösungen, neben dem Gespräch, über eine Vielzahl von bewährten Verfahren, die zum Teil auch außerhalb der Therapiesitzungen oder als Hausaufgaben im Anschluss an die Therapiesitzungen durchgeführt werden.

Methoden der Verhaltenstherapie sind, je nach Beschwerden, die Vermittlung von Techniken der Angstbewältigung, wie z. B. Desensibilisierung, verschiedene Konfrontationsverfahren, Techniken der Kontrolle von unerwünschten Verhalten, Strategien der Selbstkontrolle und kognitive Therapieverfahren. Daneben sind bei der Behandlung, egal welcher Beschwerden, der Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung und der Aufbau von Änderungsmotivation entscheidende Faktoren, die zum Gelingen einer Therapie beitragen.

Indikation:
Eine Verhaltenstherapie ist dann indiziert, wenn Sie z. B. unter Depressionen, Angst oder Panik, mangelndem Selbstvertrauen oder fehlender Selbstsicherheit, Stress, einer Sucht oder Beziehungsproblemen leiden. Ebenso ist sie angezeigt, wenn Sie einschneidende Lebensereignisse erlebt haben, dessen Verarbeitung Ihnen schwer fällt. Jede Verhaltenstherapie zielt darauf ab, neue Einstellungen und Verhaltensweisen zu erarbeiten, die eine bessere Lebensqualität ermöglichen.

Ein wesentlicher Vorteil der Psychotherapie ist der weitgehende Verzicht auf Psychopharmaka, mit denen Störungen verdeckt, aber nicht beseitigt werden können. Außerdem besteht bei längerem Gebrauch, auch bei niedriger Dosierung, ein nicht zu unterschätzendes Suchtpotential.

Für die oben genannten Störungsbilder ist der Psychologische Psychotherapeut Ihr Ansprechpartner; organisch bedingte psychische Störungen wie etwa Schizophrenie, psychotische Depressionen usw. sollten dagegen von einem Psychiater medikamentös (mit)-behandelt werden.

Der Begriff Verhaltenstherapie steht nicht für einen therapeutischen Ansatz, sondern für eine Gruppe von recht verschiedenen psychotherapeutischen Verfahren. Vereinfacht erklärt, gehen alle Verhaltenstherapeuten davon aus, dass psychische Störungen auf einem erlernten Verhalten beruhen und somit wieder verlernt werden können. Unter Verhalten werden hier nicht nur nach außen hin sichtbare Verhaltensweisen, sondern auch innere Prozesse wie Denken und Gefühle verstanden.

Verhaltenstherapie - erlerntes problematisches Verhalten wieder Verlernen

Ein Beispiel für ein solches erlerntes, problematisches Verhalten ist die Angst vor Hunden. Nach Annahme der Verhaltenstherapie entsteht sie dadurch, dass der Betroffene ein negatives Erlebnis mit einem Hund hat (zum Beispiel gebissen wird) und durch diese Erfahrung "lernt", dass Hunde gefährlich sind und es deshalb sicherer ist, Hunde zu meiden. Nach diesem Erlebnis wird schon der Anblick eines Hundes auf der anderen Straßenseite bei ihm zu Angstgefühlen und einer Wahrnehmung von Gefahr führen. In extremen Fällen kann dies dazu führen, dass der Betroffene nur noch selten oder nur in Begleitung das Haus verlässt, da er befürchtet, einem Hund zu begegnen.

In der Therapie soll der Betroffene die Verhaltensweisen, die sich negativ auf sein Wohlbefinden auswirken, durch bestimmte Techniken wieder verlernen. Ziel ist es, dass er seinen Lebensalltag besser bewältigen und gute Kontakte zu seinen Mitmenschen aufnehmen und aufrechterhalten kann. Am Beispiel der Angst vor Hunden heißt das, dass der Betroffene unter genauer Anleitung oder Begleitung durch den Therapeuten den Kontakt zu Hunden suchen soll, um so seine Lernerfahrung "Hunde sind gefährlich und müssen unter allen Umständen gemieden werden" durch neue Erfahrungen mit Hunden korrigieren zu können. Schritt für Schritt lernt der Betroffene dadurch, sich wieder angstfrei zu bewegen. Verhaltenstherapeutische Behandlungsmethoden versuchen außerdem, die Bedingungen, die im Zusammenhang mit der psychischen Störung stehen, zu beeinflussen. Dazu zählen Bedingungen in der Umwelt (zum Beispiel das Verhalten anderer Menschen) sowie im Menschen selbst (zum Beispiel die Gedanken eines Menschen).

Bevor eine Verhaltenstherapie begonnen wird, ist die Untersuchung durch einen Arzt sinnvoll, um eine körperliche Ursache für die Beschwerden auszuschließen. Am Anfang der verhaltenstherapeutischen Behandlung führt der Psychotherapeut immer eine ausführliche Diagnostik durch. Er klärt, was der Anlass für den Besuch bei ihm ist, wann die Probleme zum ersten Mal auftraten, wie die Lebensbedingungen damals aussahen und wie der weitere Verlauf der Problematik war. Weiterhin wird erhoben, welche Maßnahmen bereits unternommen wurden, um die Probleme zu bewältigen. Viele Verhaltenstherapeuten benutzen Listen mit festgelegten Fragen, um ein solches Gespräch zu strukturieren und alle wichtigen Punkte zu erfassen.

Systematische Beobachtung problematischen Verhaltens

Um herauszufinden, was genau sein Problem ist und welches Behandlungsverfahren sich am besten eignet, kann es hilfreich sein zu beobachten, wie der Betroffene sich in einer schwierigen Situation oder in einem Rollenspiel verhält. Um einzuschätzen, welche Rolle das problematische Verhalten in seinem Alltag spielt, wird er häufig gebeten, Tagesprotokolle zu führen. Sie ermöglichen es sowohl dem Therapeuten als auch dem Patienten selbst, Zusammenhänge zwischen dem problematischen Verhalten und zum Beispiel aktuellen Belastungen zu erkennen.

Meist werden diese Fragebögen, Tests oder Tagesprotokolle wiederholt eingesetzt, um zu sehen, in welchen Bereichen bereits eine Veränderung stattgefunden hat, welche Probleme weiterhin bestehen und so den weiteren Therapieablauf zu planen.

Der Patient ist von Anfang an aktiv an seiner Therapie beteiligt. Der Therapeut klärt ihn zunächst über seine Problematik auf. Gemeinsam wird ein Modell darüber erstellt, wie die Problematik entstanden ist. In einem so genannten Therapievertrag sind die Ziele der Therapie und die Maßnahmen, die zur Verbesserung der Probleme durchgeführt werden, festgelegt.

Eine wichtige Rolle spielen die therapeutischen Hausaufgaben. Der Patient macht schon möglichst bald entsprechende Übungen, die er in der Therapie gelernt hat, in seinem Alltag. Dies soll sicherstellen, dass die Therapieerfolge auch langfristig im alltäglichen Leben von Bestand sind.

Wie lange eine Verhaltenstherapie dauert, hängt von der Schwere und der Art der Probleme ab. In der Regel ist sie aber wesentlich kürzer als psychoanalytische oder andere tiefenpsychologische Verfahren. Wenn die Therapie beendet ist, wird manchmal noch ein Nachtreffen vereinbart. Nach einer gewissen Zeit wird dann noch mal überprüft, wie beständig die Erfolge sind. Unter Umständen werden weitere Maßnahmen besprochen.

Literatur:

  • Verhaltenstherapeutische Standardmethoden, Fliegel u.a., München, Urban & Schwarzenberg, 1981
  • Psychotherapeutische Verfahren-Band 2, Verhaltenstherapie, Revenstorf, D., Stuttgart, Kohlhammer, 1996
  • Verhaltenstherapiemanual, Linden, M. und Hautzinger, M., Berlin, Springer, 2000
  • Kognitive Therapie der Depression, Beck, A. T., München, U. &S., 1999

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